2025
1.8.25
Der smarte Homo2.0
Makeru ga kachi – „verlieren, um zu gewinnen“ – meint ein tiefsinniges japanisches Sprichwort! Der smarte Homo2.0, Nachfolger von homo transhumanum. Er ist nicht posthuman im Sinne von Fortschritt, sondern ein Kollateralschaden einer fehlgeleiteten Menschheitsentwicklung, die sich kontinuierlich zu einem neuen Zustand in ein ultimatives Raubtier entwickelt hat. Homo2.0 ist mit KI aufgewachsen – und dennoch geistig unterentwickelt; hat Zugang zu allem Wissen – kann es aber nicht nutzen. Er hat vielfach eine rechte bis schlechte Schulung durchlaufen (am Bildungswesen wird gespart). Die Bildung ist Simulation, kein Denken mehr. Homo2.0 ist der Transhumanum schlechthin: inhärent Ersatzteile mit einem Wissen der KI. Der smarte Homo2.0 ist ein Zurückgebliebener: gesteuert und berieselt von „täglichem Fun und sinnloser Unterhaltung“. Er schwimmt in einem Ozean aus Daten, ohne je Land zu sehen – der Zusammenhang fehlt, das Verstehen bleibt aus. Sie sind willige „Fachidioten“ mit Unterstützung der KI eines Avatars und zur Hand eines systemischen Roboters – nützlich, lenkbar, systemtreu. Die smarten Homo2.0 sind nützliche, willige Arbeitstiere, die für autoritäre Regime wie für Autokraten und Diktaturen das ideale Volk repräsentieren und für alle gewinnorientierten, produzierenden Konzerne von Nutzen sind. Homo animalis omnia facit quae fieri possunt, et lucrum ferunt nihil est quod non sit aut non sit – was gemacht werden kann, macht alles, was möglich ist und Gewinn abwirft. Wenn die KI von autoritären Regimen gesteuert und programmiert wird, erhält Homo2.0 die Information, die ein Regime ihm vorgibt oder erlaubt resp. gewillt ist, zu benutzen. Die Welt des smarten Homo2.0 ist überladen mit Fake und Fake-News von Trumpisten und Narzissten – es wird gelogen und betrogen – ideal für autoritäre Systeme und gewinnmaximierende Konzerne. Sokrates Wahrheit hat an Bedeutung verloren, indem wir Philosophen nach einer neuen Wahrheit suchen. Ausschlaggebend ist „Money“, sei es in der Wirtschaft an-sich oder der Kriegswirtschaft der Regime, die die Welt an den Rand des Abgrunds führen. Der Homo2.0 ist der letzte Träger des Namens Homo – und das Ende des homo sapiens resp. homo animalis sapiens. Homo2.0 ist nur noch eine unerlöste Gestalt zwischen Maschine, Tier und Simulation – ist nur noch ein williges Mittel zum Zweck. Er ist wie schon Transhumanum, der sich selbst ausbeutet und ausgebeutet wurde: augmentatio humana et creatio sui continua – menschliche Steigerung und kontinuierliche Selbsterschaffung; nicht Subjekt ihrer Existenz, sondern Objekt der Kontrolle. Homo2.0. sieht sich als den grossen Wissenden. VVBV – die Voraussetzung der Veranlagung zur Begabung der Vernunft – bleibt ungenutzt. Der Homo2.0 ist die letzte Manifestation des I. Hauptsatzes meines reduktionistischen Existentialismus (RE): Expansio usque ad interitum – des Werdens im Zerstören. Der smarte Homo2.0. ist der Gewinner – aber der grosse Verlierer aller Zeiten.
1.9.25
Was macht den Mensch zum Menschen?
Zuerst stellten sich die Vorsokratiker und Sokratiker dieser Frage. Zum Beispiel meint Aristoteles: Der Mensch ist ein zoon logon echon – das Tier, das Sprache hat – und es ist ein staatsbildendes Tier, ein zoon politikon, und ein homo ludens, Spiele zu spielen, Politik, Recht, Religion, Wissenschaft usw. haben sich ursprünglich aus spielerischen Verhaltensweisen entwickelt.
Kant fragte sich in der 4. Frage: „Was ist der Mensch?“ und ich frage: „Wie ist es, ein Mensch zu sein?“ Kant impliziert die Frage: „Mit allem, was den Menschen ausmacht.“ Er meinte damit: Die zentralen philosophischen Fragen werden damit beantwortet.
Descartes meinte, als Erstes muss der Mensch sich die Frage stellen können: Cogito ergo sum – ich denke, also bin ich.
Kant verwendet gleichermassen Wahrnehmung (empirisch bzw. a priori und a posteriori) und Verstand – die Vernunft (Kritik der reinen Vernunft). Kants Anthropologie und besonders seine Handlungsethik besagen im kategorischen Imperativ: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Im reduktionistischen Existentialismus gehe ich modus operandi davon aus: Homo se ipsum creare debet ex se ipso ut verus homo – der Mensch muss sich selbst aus sich selbst zum wahren Menschen erschaffen. Kantisch formuliert: Fac semper ita, ut te ipsum ex te ipso verum hominem crees – handle stets so, dass du dich aus dir selbst als wahren Menschen erschaffen kannst. Diese Sichtweise bewertet menschliches Handeln losgelöst von dessen Konsequenzen. Beispielsweise ergibt sich aus dem kategorischen Imperativ eindeutig ein Tötungsverbot, denn eine Gesellschaft kann nicht wollen, dass Töten ein allgemeines Gut ist.
Bei Bentham wiederum steht der Utilitarismus im Vordergrund: der das Glück maximiert, quasi, die sokratische eudemonia: Glück oder Glückseligkeit.
Gemäss reduktionistischen Existentialismus standen am Anfang die Nahrung, das Feuer, die Sprache (zum Verständigen) und idea: um zu formulieren, was wir uns ausdenken. Dies oder jenes ist kein Mensch – wir sind diejenigen! Wir setzen um, was wir uns vorstellen und fertigen Werkzeuge und Kunstwerke an – homo faber. Wir tauschen uns aus, was unsere Ziele sind – was wir erreichen wollen. Demarcatio: Innere Triebe führen zu starkem Verlangen nach Besitztum, Macht, Wissen, Ehre usw. und beeinflussen die Präferenzen verschiedene Arten von Macht. Gemäss RE gibt es nur einen minimaler Unterschied zwischen Mensch und Tier (Primaten). Ein Affe analysiert deckungsgleiche Memory-Bilder innerhalb Sekunden, somit jedem Menschen überlegen – so wie wir es assoziieren (ausser ein paar Gedächtniskünstlern). Der Affe weiss nicht, warum und wieso – er kann es einfach – wir denken darüber nach. Wie es sich beim Affen anfühlt, wissen wir nicht – weil wir kein Affe sind. Das Verlangen zu verstehen, geht aus der Erfahrung und aus der Erprobung ihrer Wirkungen auf einen selbst oder auf andere Menschen hervor, so in etwa Hobbes. Es ist von uns Philosophen die ewige Suche nach der Wahrheit.
Wahrheiten einer vergangenen oder zukünftigen Tatsache: letztliche Entscheidung des Denkenden. Was die Tatsachenkenntnis betrifft, so ist sie ursprünglich Empfindung und danach immer nur Erinnerung. Was, wie ich oben sagte, die Wissenschaft genannt wird, ist so nicht absolut, nur bedingt. Niemand kann durch Nachdenken wissen, ob dieses oder jenes ist, war oder sein wird, was absolutes Wissen wäre. Nur: Wenn dies ist, so ist auch jenes. Wenn dies war, so war auch jenes. Wenn dies sein wird, so wird auch jenes sein. Der Affe kann keinen dieser Gedanken fassen, das bleibt nur dem Mensch vorbehalten.
Dies heisst bedingt wissen, und zwar nicht, was aus einem Ding für ein anderes, sondern was aus dem Namen eines Dinges für einen anderen Namen desselben Dinges folgt. Wird das Denken in Sprachform gebracht, beginnt es mit Definitionen von Wörtern und schreitet fort, indem man sie zu allgemeinen Behauptungen verbindet. Der sich im Geiste befindliche Gedanke ist dieses bedingte Wissen der Folgen von Wörtern, das man Wissenschaft nennt.
„Primaten“ leitet sich vom lateinischen „primus“ ab; vom Ersten (im Tierreich). Wir verstehen uns immer noch als „Krone der Schöpfung“. Das grösste Gehirn in der jüngsten Ahnenreihe hatten aber nicht wir, sondern die Neandertaler. Was Sprache, Kultur und Technik anlangt, ist der homo animalis sapiens tatsächlich eine besondere Art. Ob der Hinweis in diesem Zusammenhang auf die kleinen Moleküle oder Neuronenstürme in unserem Gehirn viel erklärt, kann ich nicht beurteilen – bleibt zu bezweifeln – so wie beim Affen: Es funktioniert einfach – „das macht den Menschen zum Menschen“. Ein Wesen, das nach Wissen strebt und das sich auch moralisch verhalten kann, ausgestattet mit Bewusstsein für Raum und Zeit, in der Lage, sein Verhalten zu steuern. Das unterscheidet ihn vom Tier – auch von der KI. Mit dem zunehmenden selbstverständlichen Gebrauch der KI ist die Frage nach dem Wesenskern des Menschen. Was unterscheidet den Menschen noch? Was macht ihn „besonders“, wenn doch die meisten Denkprozesse und Arbeitsleistungen offensichtlich von Maschinen übernommen werden können, zum Teil deutlich akkurater, schneller und hochwertiger. Ist es unsere Emotionalität, unser soziales Wesen, das uns auszeichnet? Wird auch das von Maschinen erlernbar sein? Die Frage: Was macht den Mensch zum Menschen? wird immer komplexer, indem wir uns fast der Antwort schuldig bleiben, indem wir Philosophen weiter darüber nachdenken müssen. „Was den Menschen zum Menschen macht, bleibt offen – weil der Mensch sich selbst immer noch nicht ganz versteht.“